1) Wie profitieren wir von unseren Erfahrungen während der Home Office-Zeit?
Viele Menschen arbeiten seit über einem Jahr im Home Office. In dieser Zeit haben sie gemerkt, was für sie im Home Office gut funktioniert (z.B. regelmässige Pausen. Vormittage ohne Videocall) und was weniger (z.B. den ganzen Tag in Meetings vor dem Bildschirm sein, gleichzeitig Kinder betreuen). Auch Teams mussten sich neu organisieren: Anstelle des morgendlichen Kaffee gab’s virtuelle Treffen, neue technologische Tools wurden eingeführt und Remote-Kompetenzen erlangt. Herausforderungen gab’s viele:
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Kommunikation und Koordination fanden mittels vielen verschiedenen Tools statt, was die Übersicht über alle Chats und Kanäle erschwerte.
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Viel öfters wurde schriftlich kommuniziert, was anfälliger für Missverständnisse ist.
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Sich schnell Hilfe zu holen war viel aufwändiger als im Büro und wurde teils unterlassen.
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Einander Wertschätzung und Feedback zu geben kam oft zu kurz.
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Die Transparenz darüber, womit Teammitglieder beschäftigt sind, war gering.
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Informelle Gespräche wurden virtuell viel seltener als im Büro geführt. Dadurch schwand das Verbundenheitsgefühl.
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Erfolge und erreichte Ziele wurden praktisch nicht gefeiert.
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Leader sind gefordert, Mitarbeitenden örtliche und zeitliche Flexibilität zu gewähren, denn diese erhöht Produktivität und Zufriedenheit. Gleichzeitig müssen sie verhindern, dass dadurch Koordination und Kooperation im Team beeinträchtigt werden. Um zu entscheiden, wie die Flexibilität ausgestaltet wird, sollte analysiert werden, wovon die Produktivität in einer Rolle abhängt: Je nachdem wie viel Fokus, Koordination und Kooperation notwendig ist, lässt eine Rolle unterschiedlich viel Flexibilität zu.
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Fokus: Wissensarbeiter brauchen längere Phasen, in denen sie allein ungestört Informationen sammeln oder verarbeiten können. Diese Fokuszeit kann sowohl im Home Office, wie auch in einem ruhigen Einzelbüro stattfinden, zeitlich ist sie ungebunden.
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Koordination: Ein Teamleader gibt Feedback und Input, debattiert und motiviert. Dies geschieht synchron, jedoch besteht keine Notwendigkeit, hierfür im Büro zu sein, solange man entsprechende Tools beherrscht.
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Kooperation: Für kreative Prozesse ist es nützlich, face-to-face mit anderen Menschen Ideen zu generieren, einen Prototyp mit jemandem zu challengen oder Gruppen direkt nach Feedback zu fragen Dies geht am einfachsten an einem gemeinsamen Ort.
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3) Auf was muss ich bei der Führung eines hybriden Teams achten?
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Wie kann die Leistung eines Teammitglieds beurteilt werden, wenn man es nicht bei seiner Arbeit sieht? Hier kommt der Proximitäts-Bias ins Spiel: die falsche Annahme, dass diejenigen Menschen, die im Büro sind, produktiver sind, als diejenigen, die nicht im Büro sind. Dies geschieht, weil eine Führungskraft im Büro Mitarbeitenden über den Weg läuft und so die Wahrscheinlichkeit steigt, dass deren Leistungen gesehen und wertgeschätzt werden. Zudem werden sie aufgrund dessen eher für ein wichtiges Projekt ausgewählt. Mitarbeitende im Home Office sind dagegen geradezu unsichtbar. Die Führungskraft sieht nicht, ob sie bis spät abends oder schon frühmorgens gearbeitet haben. Auch ihre Leistung wird so nicht sichtbar und fällt bei wichtigen Entscheidungen weniger ins Gewicht.
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Zusätzlich besteht Informationsasymmetrie: Beim hybriden Arbeitsmodell gelangen Mitarbeitende, die im Büro arbeiten, einfacher zu den neusten Informationen. Gleichzeitig erhalten sie beim informellen Austausch mit anderen Mitarbeitenden im Büro zusätzliche wertvolle Informationen. Dadurch kann bei der im Home Office arbeitende Mitarbeitende das Gefühl entstehen, dass sie Informationen immer als Letzte erhalten.
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Wichtig ist zudem, dass sich die Führungskraft mit ihrem Team nun Zeit nimmt, um gemeinsame Werte und Regeln für den hybriden Arbeitsmodus zu vereinbaren: Wie machen wir sichtbar, wer wann wo arbeitet? Bis wann dürfen Meetings spätestens dauern? Wie stärken wir unser Vertrauen ineinander? Welche Vereinbarungen treffen wir bezüglich Erreichbarkeit? Wofür verwenden wir welche Kanäle? Wo benötigen wir noch Training oder Unterstützung? Wie oft treffen wir uns alle im Büro? Und wie schaffen wir es, dass wir auch im Home Office stets unsere Mission und unsere Ziele vor Augen haben?