Remote-Meetings sind für viele Mitarbeitende sehr anstrengend: Die Agenda ist meist nicht sichtbar, man muss die non-verbalen Signale der Meeting-Teilnehmenden aus winzigen Videoausschnitten herauslesen, technische Störungen und schlechte Tonqualität vermindern die Lust am Austausch und die Wahrscheinlichkeit, durch sonstige Aktivitäten und Push-Nachrichten abgelenkt zu werden, ist riesig.
Die allergrösste Gefahr ist jedoch, dass Meeting-Teilnehmende schweigen und somit potentiell wertvolle Ideen, Bemerkungen, Fragen und Bedenken vom Team zurückhalten. Weshalb würde das passieren?
Menschen haben ein grosses Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Wir alle versuchen deshalb ständig, die Wahrnehmung von anderen zu beeinflussen, um nicht ignorant, störend oder inkompetent zu wirken, oder noch schlimmer: erniedrigt, blamiert oder zum Aussenseiter zu werden. Es ist deshalb verständlich, wenn Mitarbeitende in Remote-Meetings nichts sagen – zu gross ist das «zwischenmenschliche Risiko«, das man durch eine vermeintlich dumme Frage, kritische Nörgelei oder mühsame Wiederholung eingehen würde.
Doch gerade da liegt viel Potential: Wenn Menschen sich nicht getrauen, halbfertige Gedanken, andere Perspektiven oder kritische Fragen einzubringen, verpasst ein Team neue Ideen, Innovationskraft und somit auch Zukunftsfähigkeit. Diese Atmosphäre zu schaffen, in der sich Menschen so sicher fühlen, dass sie sich mit ihrem ganzen Wissen, den eigenen Ideen und Verbesserungsvorschlägen einbringen, ist nicht einfach. Der Fachbegriff dafür ist Psychologische Sicherheit und ist eine notwendige Voraussetzung für hohe Teamperformance, Engagement, organisationales Lernen und Innovation.
Was bedeutet das nun für Remote-Meetings?
- Volle Aufmerksamkeit auf den Sprechenden: Wer spricht, hat etwas zu sagen, möchte gehört werden und von den Zuhörenden Bestätigung erhalten, dass die Nachricht ankommt. Wenn durch die mute-Funktion bestätigende «Mhmm» wegfallen, ist es sinnvoll, mittels Kopfnicken oder Handzeichen zu signalisieren, dass man der Person zuhört und sie sich in einem sicheren Rahmen äussern kann. Auch der Gesichtsausdruck und die Körperhaltung signalisieren, dass man zuhört – dies kann man bei Videokonferenzen wunderbar selbst beobachten, überprüfen und falls nötig anpassen.
- Jeder meldet sich: Viele erfolgreiche Teams haben die Regel, dass kein Meeting enden darf, ohne dass sich jeder zu Wort gemeldet hat. Gerade in Remote-Meetings mit mehr als sechs Teilnehmenden kann der Gedanke sperrig wirken, von allen einzeln die Meinung einzuholen. Hier ist jedoch bloss darauf zu achten, dass sich jeder Teilnehmende während des ganzen Meetings zumindest einmal äussert. Am besten schaut der Meeting-Leitende, dass niemand vergessen geht. Das bewusste Ansprechen von stillen Teilnehmenden ist ein starkes Zeichen, dass man Verbundenheit schaffen will und die Stimme von jedem zählt.
- Kritische Wortmeldungen begrüssen: Es ist ein Risiko, kritische Fragen zu stellen oder auf Fehler und Schwierigkeiten hinzuweisen. Kritische Wortmeldungen sollte man deshalb immer verdanken und dann gemeinsam überlegen, was wertvoll an dieser Äusserung sein kann und wie man damit verfahren möchte. Es kann für ein Remote-Meeting auch bereichernd sein, mit der «Einsam-Gemeinsam»-Methode kritische Punkte zusammenzutragen: Zuerst überlegt sich jeder zwei Minuten lang für sich eigene Punkte, danach wird gemeinsam ausgetauscht. Der Fokus soll dabei immer darauf liegen, welche Lernchancen und Möglichkeiten aus dieser Kritik entspringen.
- Fragen stellen: Oftmals ist ein Remote-Meeting anders als die gewohnten Meetings: man will es schnell hinter sich bringen, das Zuhören ist anstrengender und immer wieder unterbricht man sich. Hier ist es wichtig, dass jeder klärende Fragen stellt und durch Fragen die gemeinsame Verbindung stärkt, z.B.: «Wie muss ich mir das vorstellen?», «Welche Art von Unterstützung brauchst du?» ,»Welche Fragen kann ich dir beantworten?» , «Was möchtest du noch loswerden?»
- Ironie und Sarkasmus weglassen: Unser Gehirn ist konstant auf der Suche nach Signalen der Nicht-Zughörigkeit, die eine potentielle Gefahr signalisieren, auf die wir dann sofort mit dem Fight-or-Flight-Modus reagieren können. Aufgrund dessen muss das Zugehörigkeitsgefühl immer wieder reaktiviert und bestätigt werden. Ironie und Sarkasmus sind Gift für das Zugehörigkeitsgefühl und sollten insbesondere in Remote-Meetings verdrängt werden, da es per Video schwieriger ist, non-verbale Ausdrücke und die Tonlage zu interpretieren.
Menschen möchten nicht nur dazugehören, sie möchten auch mitwirken. Wenn du und dein Team diese simplen, aber nicht einfach umzusetzenden Tricks bei Remote-Meetings befolgt, entstehen respektvolle, aufrichtigere Gespräche, wodurch ihr optimale Voraussetzungen für eine bessere Performance schafft!